Samstag, 20. Mai 2006

Autorenratgeber von Julia Cameron

Kunst-des-Schreibens




Julia Camerons
Von der Kunst des Schreibens
...und der spielerischen Freude, die Worte fließen zu lassen. (Verlag Knaur)



Schreiben liegt in der Natur des Menschen und ist nicht etwa eine Berufung oder ein seltenes Talent, sagt Julia Cameron. In diesem Buch zeigt die Autorin, wie man Schreibblockaden und Schreibhemmungen überwindet und einen spielerischen Zugang zum Prozess des Schreibens findet. Anhand zahlreicher Anekdoten über berühmte Schriftsteller und vieler Übungen gelingt es Julia Cameron dem Leser die Angst vor dem leeren Blatt Papier zu nehmen. Julia Cameron ermutigt dazu, mit kindlicher Freude spontan loszulegen und die Worte fließen zu lassen.

Es ist eine inspirierende Lektüre sowohl für Schreibgeübte als auch für all diejenigen, die die wundervolle Kraft des Schreibens gerade erst für sich entdecken.


Von Maartje van Sandemeer


Leidenschaftlich und kraftvoll erfährt man das ganz persönliche Schreiben der Autorin. Diese Liebe, dieses Aufblühen der Worte und Zeilen, an allem lässt sie uns teilhaben. Es ist so, als trifft man Julia Cameron auf einem Spaziergang, geht mit ihr ein Stück ihres Lebens und sie unterhält sich mit uns.
Das Buch ist in mehreren Kapiteln aufgeteilt und zu jedem Kapitel gibt es eine Schreibübung. Es ist ein Arbeitsbuch, das man Kapitel für Kapitel durcharbeiten sollte. Zum Schluss eines jeden Kapitels erwartet den Leser eine Arbeitsaufgabe, die das jeweilige Kapitel abrundet.



Ich möchte hier mal ein Kapitel vorstellen.

Die Quelle
Nach Julia Cameron schöpfen Schriftstellerinnen aus einem inneren Fundus an Bildern, der von ihr als „Ouelle“ bezeichnet wird. Sie stellt sich diese Quelle als einen inneren Teich vor, der einen freien Zufluss und auch einen Abfluss besitzt.

Bei einer Schreibblockade stellen wir uns zum Beispiel die Frage:,, Warum versiegt mein Schreibfluss so plötzlich, und das, obwohl doch alles so gut gelaufen ist?“ Nun, Julia Cameron ist der Auffassung, dass sie vielleicht gerade deshalb versiegt ist, weil sie so ergiebig war. Sie nennt es eine Überfischung unseres inneren Teiches und dass wir uns keine Zeit genommen haben, diesen Teich wieder zu füllen. Anders gesagt, unser Bildermagazin ist nicht wieder aufgefüllt worden, weil wir uns keine Zeit dazu genommen haben. Das führt dann zur Schreibblockade. Für Nachschub muss gesorgt werden, damit wir im Fluss bleiben…im Schreibfluss!
Nun gibt die Autorin in diesem Kapitel exakte Anleitung, was sie für sich entdeckt hat, um solchen Blockaden aus dem Weg zu gehen. Sie nennt es wundervoll „ Eine Künstlerverabredung“ Hierbei handelt es sich um nichts anderes, als einen Ausflug mit sich selbst. Zeitlich begrenzt, zu einer Veranstaltung oder Ausstellung, oder eben das, was einen gerade interessiert. Diese Künstlerverabredung kann ein Besuch im Museum, im Zoo, einer Gärtnerei, Kinovorstellung etc. sein. Sinn der Sache ist es, eine faszinierende Unternehmung zu tun, und es vor allem alleine zu tun.

Nun stellt sich der Leser die Frage, warum alleine? Da gibt die Autorin eine imposante Antwort. Und zwar deshalb alleine, weil wir uns mit unserem kreativen Bewusstsein verabreden. Dieses Bewusstsein gilt es zu bezirzen und zu umwerben und um das zu können, muss man mit seinem inneren Künstler alleine sein. Ich finde, sie drückt das so grandios aus. Als ich das las, hüpfte ich vor Freude um meinen Schreibtisch herum, denn….das machte ich schon seit Jahren. Ich meine nicht das um hüpfen um meinen Schreibtisch, nein, die Verabredung mit mir selbst. Und ich fühlte mich immer wohl bei solchen Unternehmungen mit mir alleine. So wie ich mich erinnere, kam ich immer in guter Stimmung, entspannt und sichtlich glücklich wieder von solchen Unternehmungen zurück. Ich wurde dann immer von meiner Familie gefragt, ob mir das denn auch Spaß machen würde, so alleine. Na klar hat mir das Spaß gemacht und wie. Ich habe etwas erlebt, konnte in Ruhe beobachten, erkennen, habe andere Menschen kennen gelernt, oder auch nicht, und vor allem…ich war mit mir allein. Meine Seele und ich ganz allein. Oh wie glücklich mich das gemacht hat und heute auch noch macht. Ja, wirklich. In manchen von uns ruft wahrscheinlich schon die bloße Vorstellung alleine etwas zu unternehmen, den blanken Horror hervor, doch kann ich es nur empfehlen es zu versuchen und das Buch ermutigt dazu.
Es werden Fragen von der Autorin aufgeworfen, die wir uns mit Sicherheit stellen. „ Ich bin sowieso immer alleine oder Wie soll ich das meinem Freund erklären? Oder Wer passt inzwischen auf die Kinder auf?“ Julia Cameron denkt an alles und beantwortet uns auch diese Fragen. Und zwar, wer sich diese Fragen stellt, arbeitet schon an seinem Widerstand. Doch es ist alles machbar, alles ist zu regeln, davon geht die Autorin aus. Wer Zeit und Mühe investiert um seine innere Quelle von Zeit zu Zeit wieder aufzufüllen, für den ist Schreiben ein einfacheres tägliches Schaffen.
Die innere Quelle ist ein Reservoir, das reich mit aussagekräftigen Bildern und Ideen besetzt ist, die nur darauf warten, endlich von uns erfasst zu werden. Um diese Bilderflut zu nutzen, benötigen wir innere Farben um diese Bilder auch ausmalen zu können. Schreiben ist schwarz auf weiß, sagt Julia Cameron und dass wir nur farbig schreiben können, wenn wir die Quelle füllen, uns mit Eindrücken, Begegnungen, Stimmungen, Gerüchen und einiges mehr konfrontieren, um unseren Buchstaben den passenden Anstrich zu geben. Voila! Sie macht uns auch noch auf etwas anderes aufmerksam, und zwar ist sie der Meinung, wer ein chaotisches Leben führt, dem fällt es schwer, konstant und flüssig zu schreiben.
WOW! Da möchte man doch als Leser gleich zum Telefonhörer greifen und sich mit der Autorin unterhalten. Über kreatives Chaos zum Beispiel. Künstler leben doch schließlich chaotisch. Oh nein, mit dieser Ansicht räumt Mrs. Cameron sofort auf. Die gesunde Mischung machts. Wie so oft. Das Eine ist ohne das Andere nichts, erst zusammen fügt es sich zu einem Ganzen. Also, ist unser Lebensstil auf der anderen Seite zu regelmäßig und stetig, dann stumpft die Stimme unseres inneren Schriftstellers ab und wir müssen uns anstrengen, um Interesse zu wecken. Hm, na klar, das leuchtet doch ein, oder?

Zu den Geheimnissen des Schriftstellerlebens gehört es, dass sich eine Investition wie zum Beispiel ein Konzertbesuch oder eine Theatervorstellung indirekt auszahlt, sobald der Stift aufs Papier gesetzt wird. Lesen, erleben und recherchieren steht eben in direktem Zusammenhang mit dem schreiben. Julia bringt das auf den Punkt. Sie sagt, was wir schreiben, rühren wir aus der Brühe unsrer Erfahrungen zusammen. Wie recht sie hat, nicht wahr! Man kann nur mit dem Kopf nicken und fühlt sich durch ihre konkreten Ausführungen bestätigt.


Durch gewohnheitsmäßige Künstlerverabredungen gewährleisten wir die Aufrechterhaltung unseres Durchhaltevermögens und beugen den Schreibblockaden vor.


Die Übung

Entscheidend ist, sich an regelmäßige Künstlerverabredungen zu gewöhnen und sie fest in den Tages bzw. Wochenplan einzubauen. Sie stärken das Wohlgefühl des Schriftstellers und fördern die Inspiration und das Verständnis. Dieser Einklang mit uns selbst schlägt sich auch auf unsre Texte nieder. Man könnte sagen…geht es uns gut…geht es auch unseren Texten gut…!
Wichtig bei der Auswahl dieser Verabredungen ist es, dass das innere Kind, der innere Künstler angesprochen wird.
Und ganz wichtig, jetzt kommt es, was man sich wirklich merken muss, um es auch einhalten zu können. Nicht vergessen, was man sich vorgenommen hat, ist ein Künstlertag - bedeutet Künstler und Tag zu gleichen Teilen!

Also, einfach eine Liste machen, was man Spannendes unternehmen kann.Wichtig dabei ist nur, es alleine zu unternehmen. Bilder und Eindrücke in sich aufnehmen. Ein Aspekt ist auch, dass man nicht über Künstlerverabredungen schreiben muss. Ausschlaggebend ist es, seine innere Quelle zu füllen und nicht in ihr zu fischen.

Beispiele wären:
1. Ein Aquarium aufsuchen
2. In einen Gartencenter gehen
3. Eine Kirche ansehen
4. Museumsbesuch starten
5. Ins Kino gehen
6. Besuch im Botanischen Garten

Und vieles mehr. Zu jedem Kapitel gibt es diese Übungen, die es zu erarbeiten gilt. Die Autorin macht Vorschläge. Das ganze Buch ist eine Reise in die Welt des Schreibens und eine Reise zu sich selbst in Begleitung einer ganz reizenden und liebenswerten Schriftstellerin unserer Zeit, als Reisebegleiterin.


Für jeden Schreiber ein Kleinod und ich kann sagen, dass zum Beispiel die Kapitel der „Morgenseiten“ und die „Künstlerverabredungen“ mein Schriftstellerleben maßgeblich beeinflusst haben, ja, verändert haben.



Zur Autorin
Julia Cameron ist eine überaus engagierte Künstlerin, die weltweit Veranstaltungen abhält. Sie ist als Lyrikerin, Dramatikerin, Romancier und Essayistin hervorgetreten, hat sich in Film, Fernsehen und Theater einen Namen gemacht und für ihre Arbeiten als Journalistin Auszeichnungen erhalten.
Sie ist unter anderem, Autorin bzw. Co-Autorin der Bücher Der Weg zum kreativen Selbst, Der Weg des Künstlers und Der Weg des Künstlers im Beruf
Sie lehrt und verfeinert die von ihr selbst entwickelten Methoden seit mehr als zwanzig Jahren.
The-Hogarth-Press

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Zuletzt aktualisiert: 3. Aug, 00:38

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